Sonderkündigungsschutz für Ersatzmitglieder des Betriebsrats

Kündigungsschutz – Betriebsrat – Ersatzmitglied

Die Mitglieder des amtierenden Betriebsrats genießen Sonderkündigungsschutz. Ihnen kann stets nur außerordentlich aus wichtigem Grund gekündigt werden und darüber hinaus bedarf diese Kündigung der ausdrücklichen Zustimmung des Betriebsrats oder aber es muss die fehlende Zustimmung des Betriebsrats durch eine Entscheidung des Arbeitsgerichts ersetzt worden sein. In der Praxis ist das Zustimmungserfordernis für den Arbeitsgeber eine hohe Hürde, an der oftmals eine außerordentliche Kündigung des Betriebsrats scheitert.

Scheidet ein Mitglied des Betriebsrats während der laufenden Wahlperiode aus seinem Amt aus, rückt automatisch das gewählte Ersatzmitglied in den Betriebsrat auf und genießt damit fortan diesen Kündigungsschutz, § 25 Abs. 1 Satz 1 BetrVG.

Entsprechendes gilt auch für den Fall einer vorübergehenden Verhinderung eines Mitglieds des Betriebsrats, § 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG. Selbst wenn ein Betriebsrat nur für eine gewisse Zeit an seiner Tätigkeit als Betriebsrat gehindert ist, rückt statt seiner das Ersatzmitglied in den Betriebsrat auf, allerdings nur solange wie die Verhinderung andauert. Die Kündigung des Ersatzmitgliedes bedarf dann ebenfalls der Zustimmung des Betriebsrates, selbst wenn der Arbeitgeber von dem Aufrücken noch gar keine Kenntnis hatte.

Mit einem sehr lesenswerten Urteil vom 08.09.2011 (BAG, 2 AZR 388/10) hat nunmehr das Bundesarbeitsgericht zur Frage, wann denn nun ein Verhinderungsgrund vorliegt und wann genau der Sonderkündigungsschutz für das Ersatzmitglied beginnt Stellung genommen.

Danach führen Krankheits- und in der Regel auch Urlaubszeiten zu einer Verhinderung des Betriebsrats und damit automatisch zu einem Aufrücken des Ersatzmitgliedes. Urlaubszeiten führen nur dann nicht zu einem automatischen Aufrücken des Ersatzmitgliedes, wenn der Betriebsrat zuvor mitgeteilt hat, er stehe trotz des Urlaubes für die Betriebsratstätigkeit zur Verfügung. Andererseits führt die Inanspruchnahme von Elternzeit nicht grundsätzlich zu einer Verhinderung des Betriebsrats, da die Möglichkeit besteht, während der Elternzeit in Teilzeit zu arbeiten (BAG, Urteil vom 25. 05.2005 – 7 ABR 45/04 – Rn. 17).

Für den Beginn des besonderen Kündigungsschutzes des Ersatzmitgliedes kommt es dabei nicht darauf an, ob tatsächlich Tätigkeiten des Betriebsrates ausführt werden. Wie der Arbeitgeber muss auch das Ersatzmitglied von der Verhinderung des Kollegen keine Kenntnis haben. Für das Ersatzmitglied beginnt derKündigungsschutz am ersten Tag der Verhinderung des Kollegen mit Beginn der gewöhnlichen Arbeitszeiten.

Das Bundesarbeitsgericht hat dabei auch die Gefahr gesehen, dass ein Betriebsratsmitglied seine eigene Verhinderung herbeiführt und damit einem Ersatzmitglied zum Sonderkündigungsschutz verhilft, jedoch könnten solche Ausnahmefälle mit § 242 BGB begegnet werden. Dem Ersatzmitglied ist es dann verwehrt, sich auf den Sonderkündigungsschutz zu berufen.

Harald Beiler / Rechtsanwalt in Hamburg

– Beiler Karl Platzbecker –