Zeitarbeit (auch Leiharbeit genannt) ist typischer Weise durch das Dreiecksverhältnis von Arbeitnehmer (Zeitarbeiter), Arbeitgeber (Zeitarbeitsfirma) und dem Entleiher (dort wo gearbeitet wird) gekennzeichnet. Mit Urteil vom 18.05.2006 hat das Bundesarbeitsgericht (Az.: 2 AZR 412/05) eine grundlegende Entscheidung zu betriebsbedingten Kündigungen in diesem Dreiecksverhältnis getroffen.
Dringende betriebliche Erfordernisse
Ganz allgemein setzt eine betriebsbedingte Kündigung dringende betriebliche Erfordernisse voraus, welche zum Wegfall eines oder mehrerer Arbeitsplätze führen. Nichts anders gilt bei Zeitarbeit; allerdings unterscheidet das Bundesarbeitsgericht zusätzlich nach der Herkunft der dringenden betrieblichen Erfordernisse. Differenziert wird zwischen den außer- und innerbetrieblichen Ursachen, welche die betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen sollen.
Innerbetriebliche Ursachen
Will ein Zeitarbeitsunternehmen seinem Arbeitnehmer aus betriebsbedingten Gründen kündigen, welche allein aus dem Betrieb der Zeitarbeitsfirma herrühren, so gilt für den Zeitarbeitnehmer nicht anderes, als für jeden anderen Arbeitnehmer, dem aus betriebsbedingten Gründen gekündigt werden soll. Die Tatsache, dass es sich um ein Zeitarbeitsverhältnis handelt wirkt sich nicht weiter aus.
Beispiel: Eine Zeitarbeitsfirma entscheidet sich, zukünftig keine Ingenieure mehr zu beschäftigen. Dies wäre grundsätzlich eine gerichtlich nicht überprüfbare unternehmerische Entscheidung. Die Gründe, warum keine Ingenieure mehr beschäftigt werden sollen, muss der Arbeitgeber nicht näher darlegen. Unerheblich ist, ob die in der Zeitarbeitsfirma getroffene unternehmerische Entscheidung sinnvoll oder nachvollziehbar ist, sie darf nur nicht willkürlich sein.
Die betriebsbedingten Kündigungsgründe basieren in diesem Fall auf der freien unternehmerischen Entscheidung innerhalb Zeitarbeitsunternehmen. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn innerhalb der Zeitarbeitsfirma die betrieblichen Strukturen geändert werden sollen, Rationalisierungsmaßnahmen durchgeführt werden sollen oder aber ein Betriebsteil stillgelegt werden soll.
Außerbetriebliche Ursachen
Außerbetriebliche Ursachen wirken von außen auf die Zeitarbeitsfirma ein, ohne dass sie auf deren Vorhandensein Einfluss nehmen kann. Es geht also um eine fremde unternehmerische Entscheidung (diejenige des Entleihers), die nicht in der Zeitarbeitsfirma getroffen wurde, sondern sich nur dort auswirkt. Als Musterbeispiel gilt die Auftragsbeendigung durch den Entleiher.
Außerbetriebliche Ursachen rechtfertigen immer nur dann bei der Zeitarbeitsfirma eine betriebsbedingte Kündigung, wenn dadurch die Arbeitsmenge in der Zeitarbeitsfirma so weit schrumpft, dass auf längere Sicht ein Überhang an Arbeitnehmern entsteht.
Das Bundesarbeitsgericht erkennt zwar auch außerbetriebliche Ursachen bei der Zeitarbeit als Kündigungsgrund an. Allerdings sind hohe Hürden zu überwinden. Die Zeitarbeitsfirma muss nämlich bei einem Auftragsverlust darlegen und beweisen, dass der Beschäftigungswegfall dauerhaft ist.
Die Zeitarbeitsfirma muss anhand ihrer Auftrags- und Personalplanung darstellen, warum es sich nicht nur um eine – kurzfristige – Auftragsschwankung, sondern um einen dauerhaften Auftragsrückgang handelt. Dazu gehören Darlegungen, warum nicht der Arbeitnehmer bei einem anderen Kunden oder in einem anderen Auftrag – gegebenenfalls nach entsprechenden Anpassungsfortbildungen – zum Einsatz kommen kann. Dies gilt umso mehr, als es gerade dem Wesen der Arbeitnehmerüberlassung entspricht, Arbeitnehmer oft nur kurzfristig bei verschiedenen Auftraggebern einzusetzen und zu beschäftigen.
Denkbar ist, dass bereits kurz nach Kündigung eines Auftrags ein neuer Kunde kurzfristig Bedarf für einen Arbeitnehmer und dessen Einsatz anmeldet. Deshalb ist es aus Sicht des Bundesarbeitsgerichts erforderlich, an die Darlegung der Tatsachen, aus denen der zukünftige Mitarbeiterbedarf abgeleitet werden soll, dezidierte Anforderungen zu stellen. Das Vorliegen von möglicherweise nur kurzfristigen Auftragsschwankungen muss dabei auszuschließen sein. Kurzfristige Auftragslücken gehören zum unternehmerischen Risiko einer Zeitarbeitsfirma. Sie sind nicht geeignet, eine betriebsbedingte Kündigung im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG zu rechtfertigen.
Weitere Rechtsprechung:
- BAG, Urteil vom 15.01.2009, 2 AZR 641/07
Zeitarbeit, Änderungskündigung