Änderungskündigung

Eine Änderungskündigung ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, verbunden mit dem gleichzeitigen (oder vorherigen) Angebot, das Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen fortzusetzen; § 2 KSchG. Durch das Angebot, das Arbeitsverhältnis zu anderen Bedingungen fortzusetzen, unterscheidet sich die Änderungskündigung von einer schlichten Beendigungskündigung.

Das Angebot muss eindeutig bestimmt (§ 145 BGB)  oder zumindest bestimmbar sein (BAG, Urteil vom 29.09.2011, 2 AZR 523/10 – Rn 31; BAG, Urteil vom 16.12.2010, 2 AZR 576/09– Rn. 21). Eine Änderungskündigung bedarf, wie jede Kündigung, der Schriftform. Das Schriftformerfordernis erstreckt sich dabei auf das – hinreichend bestimmte –  Änderungsangebot. Dem Schriftformerfordernis ist Genüge getan, wenn der Inhalt des Änderungsangebots im Kündigungsschreiben hinreichenden Anklang gefunden hat (BAG, Urteil vom 16.12.2010, 2 AZR 576/09– Rn. 22).

Gegebenenfalls können auch außerhalb des Kündigungsschreibens liegende Umstände zur Auslegung des Änderungsangebots berücksichtigt werden (BAG, Urteil vom 28.10.2010, 2 AZR 688/09 – Rn 18). Bleiben bei der Auslegung Widersprüchlichkeiten – etwa weil dem Kündigungsschreiben und dem Änderungsangebot ein unterschiedlicher Zeitpunkt für den Beginn der gewünschten Änderung zu entnehmen ist – so ist das Änderungsangebot und damit die Änderungskündigung unwirksam (BAG, Urteil vom 29.09.2011, 2 AZR 523/10 – Rn 34 ff.).

Mit einer Änderungskündigung wird der Arbeitnehmer vor die Wahl gestellt. Er kann

  • das Änderungsangebot akzeptieren,
    dann wird das Arbeitsverhältnis zu den angebotenen anderen Bedingungen fortgeführt.
  • das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung der Änderungskündigung annehmen,
    in diesem Fall muss der Arbeitnehmer mit Ablauf der Kündigungsfrist zu den geänderten Bedingungen weiterarbeiten, kann jedoch mit einer so genannten Änderungskündigungsschutzklage, die Änderungskündigung auf ihre soziale Rechtfertigung hin überprüfen lassen.
  • das Änderungsangebot ablehnen.
    Nach einer Ablehnung des Änderungsangebots geht es um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und zwar – anders als bei einer sonstigen Beendigungskündigung – nach den Maßstäben einer Änderungskündigung. Der Prüfungsmaßstab des Gerichts ist also derselbe wie bei einer vorbehaltlichen Annahme des Änderungsangebots.

Vorbehaltlose Annahme des Änderungsangebots

Nimmt der Arbeitnehmer das im Rahmen einer Änderungskündigung gemachte Angebot vorbehaltslos an, kommt ein Arbeitsvertrag zu den geänderten Bedingungen zustande.

Der Arbeitnehmer muss das Änderungsangebot jedoch rechtzeitig annehmen, anderenfalls risikiert er die Beendigung seines Arbeitsvertrages. Zur Annahme des Änderungsangebots sind mindestens 3 Wochen Zeit, wie sich aus § 2 S. 2 KSchG ergibt.

Allerdings kann der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer auch eine Frist zur Annahme des Änderungsangebots setzen, diese kann nicht kürzer als die 3-Wochen-Frist des § 2 S. 2 KSchG sein (BAG, Urteil vom 01.02.2007, 2 AZR 44/06 – Rn 16; BAG, Urteil vom 18.05.2006, 2 AZR 230/05). Hat der Arbeitgeber eine zu kurze Frist gesetzt, wird die Fristsetzung dadurch nicht unwirksam, es gilt vielmehr die kürzestmögliche Frist, also die 3-Wochenfrist des § 2 S. 2 KSchG (vgl. BAG, Urteil vom 01.02.2007, 2 AZR 44/06 – Rn 19 – zur Fristsetzung mit den Worten: „teilen Sie uns umgehend mit, ob Sie … einverstanden”).

Durch eine nicht rechtzeitige Annahme erlischt das Änderungsangebot,  § 146 BGB und kann nicht mehr angenommen werden – selbst wenn die Kündigungsfrist noch nicht abgelaufen sein sollte (BAG, Urteil vom 01.02.2007, 2 AZR 44/06 – Rn 23). Eine verspätete „Annahme“-Erklärung ist jedoch nach § 150 Abs. 1 BGB als neues Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrags unter Vorbehalt zu verstehen. Der Arbeitgeber kann dieses Angebot seinerseits annehmen, muss es aber nicht.  (BAG, Urteil vom 28.10.2010, 2 AZR 688/09 – Rn 15).
Rechtsprechung zur Änderungskündigung finden Sie hier

Annahme des Änderungsangebots unter Vorbehalt – Änderungsschutzklage

Der Arbeitnehmer kann das Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen unter dem Vorbehalt annehmen, dass die ihm angebotenen Änderungen sozial gerechtfertigt sind. In diesen Fall geht es nicht mehr um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses (BAG, Urteil vom 26.01.2012, 2 AZR 102/11 – Rn 13; Urteil vom 22. 04.2010 – 2 AZR 491/09 – Rn 19). Das Arbeitsverhältnis wird in jedem Fall fortgesetzt – und zwar abhängig vom Ausgang der Kündigungsschutzklage entweder zu den neuen Bedingungen oder zu den alten Bedingungen. Man spricht in diesen Fällen auch von einer Änderungsschutzklage.

Ausübung des Direktionsrechts – die überflüssige Änderungskündigung

Der Erfolg einer Änderungsschutzklage hängt dabei auch davon ab, ob der Arbeitgeber überhaupt eine Änderungskündigung aussprechen musste oder ob er dem Arbeitnehmer nicht eventuell die „Änderungen“ in Ausübung seines Direktionsrechts vorgeben konnte (BAG, Urteil vom 19.07.2012, 2 AZR 25/11 – Rn 19- für die Verteilung der Arbeitszeit; Urteil vom 26.01.2012, 2 AZR 102/11 – Rn 14 – für die Versetzung an einen anderen Arbeitsort; BAG, Urteil vom 29.09.2011, 2 AZR 617/10 – Rn 14).

Können nämlich die vermeintlichen Änderungen bereits im Wege des Direktionsrechts angeordnet werden, handelt sich sich in Wahrheit nicht um eine Vertragsänderung sondern nur um eine andere Ausgestaltung des Arbeitsvertrags – eine Änderungskündigung wäre somit überflüssig – eine Änderungsschutzklage unbegründet, jedenfalls dann, wenn die vermeintlichen Änderungen unter Vorbehalt angenommen worden sind (BAG, Urteil vom 19.07.2012, 2 AZR 25/11 – Rn 20). Ob der Arbeitsgeber von seinem Direktionsrecht Gebrauch machen kann oder ob er eine Änderungskündigung aussprechen muss, hängt maßgeblich vom Inhalt des Arbeitsvertrages ab (BAG,  Urteil vom 26.01.2012, 2 AZR 102/11 – Rn 16). Ist beispielsweise keine fester Arbeitsort vertraglich festgelegt oder ist eine Versetzungsklausel  vereinbart, kann ein Arbeitsnehmer möglicher Weise ohne eine Änderungskündigung an einen neuen Arbeitsort versetzt werden.
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Außerordentliche Änderungskündigung

Ist ein Arbeitnehmer aufgrund tarifvertraglicher Regelungen oder gesetzlicher Bestimmungen ordentlich unkündbar, so bleibt dem Arbeitgeber in diesen Fällen nur eine außerordentliche Kündigung. Da jedoch eine Änderungskündigung stets das mildere Mittel zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses sein muss, ist bei einer Unkündbarkeit des Arbeitnehmers immer auch eine außerordentliche Änderungskündigung in Betracht zu ziehen. Sie setzt voraus, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen unabweisbar notwendig ist und die neuen Arbeitsbedingungen dem Arbeitnehmer zumutbar sind (BAG, Urteil vom 28.10.2010, 2 AZR 688/09 – Rn 32; BAG, 21..06.1995 – 2 ABR 28/94).
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Auflösungsantrag der Arbeitnehmers nach Änderungskündigung

Nach einer Änderungskündigung kann ein Arbeitnehmer nur dann mit Erfolg einen Auflösungsantrag gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG stellen, wenn er die angebotene Änderung nicht unter Vorbehalt angenommen und Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG erhoben hat. (BAG, Urteil vom 24.10.2013, 2 AZR 320/13 – Rn 12). Denn es geht dann um den Bestand und nicht „nur“ um die Änderung des Arbeitsverhältnisses. Und nur in einem solchen Fall kann das Arbeitsgericht überhaupt feststellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst wurde – was eine Voraussetzung für einen Auflösungsantrag ist.