Dienstwagen mit Privatnutzung – Kündigung wegen verweigerter Rückgabe?

Der zur privaten Nutzung überlassene Dienstwagen ist zunehmend Gegenstand arbeitsrechtlicher Streitigkeiten – sogar als Grund für eine fristlose Kündigung.

Zunächst zum Hintergrund eines zur privaten Nutzung überlassenen Dienstfahrzeuges:

Hat der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer das Recht eingeräumt, einen Dienstwagen auch zu privaten Zwecken zu nutzen, so handelt es sich bei der Privatnutzung um einen zusätzlichen Teil der Vergütung (BAG, Urteil vom 14.12.2010 – 9 AZR 631/09 – Rn 14; BAG, Urteil vom 24.03.2009 – 9 AZR 733/07 – Rn 15).

Da es bei der Privatnutzung somit um Teile der Vergütung geht, kann der Arbeitgeber die Privatnutzung nicht ohne weiteres widerrufen. Denn ein einseitiger Widerruf der Privatnutzung würde auf ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht (eine Lohnkürzung) hinauslaufen, was nicht zulässig ist. Will also der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer eine Leistungskürzung (Widerruf der Privatnutzung) zumuten, so ist es zunächst an ihm, bereits im Arbeitsvertrag klare und eindeutige Regeln für den Widerruf zu schaffen. In einem Formulararbeitsvertrag gilt es ferner die Beschränkungen zu beachten, die sich aus einer Klauselkontrolle (allgemeine Geschäftsbedingungen!) ergeben. Zugelassen sind demnach nur sachliche Widerrufsgründe, die ausdrücklich und hinreichend deutlich im Arbeitsvertrag genannt werden müssen. Fehlt es an diesen Voraussetzungen, ist ein Widerruf unwirksam (BAG, Urteil vom 13.04.2010 – 9 AZR 113/09 – Rn. 26; BAG, Urteil vom 19.12.2006 – 9 AZR 294/06 – Rn. 22). Dem Arbeitgeber bliebe in solch einer Situation nur der Ausspruch einer Änderungskündigung oder aber das Abwarten, bis der Arbeitsvertrag beendet wird. Denn erst mit dem Ende des Arbeitsvertrages, enden naturgemäß die Vergütungszahlungen und damit auch das Recht zur Privatnutzung des Dienstwagens.

Im Folgenden sei davon ausgegangen, es fehle im Arbeitsvertrag eine Widerrufsregelung bzw. diese sei unwirksam. Dann setzt die Pflicht zur Zurückgabe des Dienstwagens eine Kündigung voraus. Weiterhin muss es sich dabei entweder um eine fristlose Kündigung handeln, die das Arbeitsverhältnis sofort beendet hat oder es muss die Kündigungsfrist bereits abgelaufen sein.

Gibt der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses den ihm auch zur privaten Nutzung überlassenen Dienstwagen nicht sofort wieder heraus, so soll dieses den Arbeitgeber grundsätzlich berechtigen, aus diesem Grunde erneut zu kündigen und zwar fristlos.

  • LAG Nürnberg, Urteil vom 25.01.2011, 7 Sa 521/10 > die erneute fristlose Kündigung war im Ergebnis unwirksam
  • LAG Hamm, Urteil vom 09.11.2010, 12 Sa 1376/10 > die erneute fristlose Kündigung war im Ergebnis unwirksam

Dazu: Streit über den Rückgabezeitpunkt wird es in erster Linie dann geben, wenn das Ende des Arbeitsverhältnisses noch nicht durch ein rechtskräftiges Urteil festgestellt worden ist; wenn also eine Kündigungsschutzklage noch am schweben ist – insbesondere nach einer ersten fristlosen Kündigung.

Ob der Arbeitnehmer unmittelbar nach einer ersten fristlosen Kündigung (oder unmittelbar nach Ablauf der Kündigungsfrist) zur Rückgabe des ihm ja auch zur privaten Nutzung überlassenen Fahrzeuges verpflichtet ist oder ob er zunächst einmal den Ausgang des Kündigungsschutzverfahrens abwarten darf, ist vom Bundesarbeitsgericht noch nicht geklärt worden (offengelassen in BAG, Beschluss vom 13.12.2007, 2 AZR 196/06 – Rn 8f.). Einige Landesarbeitsgerichte und ein Teil der Literatur vertritt wohl die Auffassung, der Dienstwagen sei sofort herauszugeben. Die verweigerte Herausgabe des Dienstfahrzeuges soll danach ein Grund für eine weitere (fristlose) Kündigung sein.

Wird jedoch diese zweite (fristlose) Kündigung allein und ausschließlich damit begründet, der Arbeitnehmer habe den Dienstwagen nicht sofort zurückgegeben, so kann dieser Kündigungsgrund nicht frei von Bedenken sein. Denn die zweite Kündigung knüpft für ihre Wirksamkeit im Ergebnis an die Wirksamkeit der ersten Kündigung an. Aus Sicht des Arbeitgebers stellt sich die Situation wie folgt dar:

  • Entweder es war bereits die erste Kündigung wirksamwas schließlich Voraussetzung für das Rückgabeverlangen ist – dann muss nicht noch ein zweites Mal gekündigt werden. In dieser Konstellation soll gewisser Maßen ein beendetes Arbeitsverhältnis ein weiteres Mal beendet werden, was denknotwendiger Weise nicht möglich ist.
  • Oder der Arbeitgeber will für den Fall, dass die erste Kündigung unwirksam war, zur Sicherheit noch ein zweites Mal kündigen. Dann besteht aber zumindest aus der Nachschau heraus keine Rückgabeverpflichtung und insoweit war der Kündigungsgrund nur ein vorübergehender.

Mit anderen Worten: Bei der nachgeschobenen fristlosen Kündigung hängt die vermeintliche Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten davon ab, dass ein Arbeitsvertrag gerade nicht mehr besteht (sonst müsste bei gestatteter Privatnutzung der Dienstwagen nicht herausgegeben werden). Wenn aber für die Schwebezeit (also die Dauer des Kündigungsrechtsstreites) der Arbeitsvertrag als nicht mehr bestehend fingiert wird, kann konsequenter Weise in diesem Moment keine arbeitsvertragliche Pflicht mehr verletzt werden. Alles andere ist ein Messen mit zweierlei Maß.

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Harald Beiler

Rechtsanwalt Hamburg