Keine Heilung einer fehlerhaften Massenentlassungsanzeige

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Will ein Arbeitgeber auf einen Schlag einer größeren Anzahl von Arbeitnehmern kündigen, so spricht man von einer Massenentlassung. Abhängig von der Größe des Betriebs und der Anzahl der zu kündigenden Arbeitnehmern, muss eine solche Massenentlassung zuvor der Agentur für Arbeit angezeigt werden (Massenentlassungsanzeige), anderenfalls sind die Kündigungen anfechtbar. Zeitgleich ist der Massenentlassungsanzeige die Stellungnahme des Betriebsrats (bzw. der Interessenausgleich mit Namensliste) beizufügen.

Begeht der Arbeitgeber bei der Erstattung der Massenentlassungsanzeige Fehler, werden diese auch durch einen bestandskräftigen Bescheid der Agentur für Arbeit nach §§ 18, 20 KSchG nicht mehr geheilt. Die Arbeitsgerichte sind durch einen solchen Bescheid nicht gehindert, die Unwirksamkeit der Massenentlassungsanzeige festzustellen, wie das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 28.06.2012 festgestellt hat – 6 AZR 780/10.

Im konkreten Fall war der Kläger seit 1990 bei der Schuldnerin beschäftigt. Am 01.03.2009 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Auf der Grundlage eines noch während des vorläufigen Insolvenzverfahrens mit seiner Zustimmung geschlossenen Interessenausgleichs mit Namensliste vom 24.02.2009 kündigte der Beklagte am 11.03.2009 das Arbeitsverhältnis zum 30.06.2009. Am 26.02.2009 hatte die Schuldnerin Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit erstattet, ohne den Interessenausgleich beizufügen. Der Anzeige war entgegen der gesetzlichen Anordnung in § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG auch keine Stellungnahme des Betriebsrats beigefügt. Der Betriebsrat der Schuldnerin erklärte am 26.02.2009 allerdings schriftlich gegenüber der Agentur für Arbeit, er sei darüber informiert, dass eine Massenentlassungsanzeige abgesandt worden sei. Noch am 26.02.2009 bestätigte die Agentur für Arbeit den Eingang der Massenentlassungsanzeige. Später verkürzte sie die Sperrfrist.

Die Kündigungsschutzklage hatte in allen Instanzen Erfolg. Die Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats, ersatzweise des Interessenausgleichs mit Namensliste, ist Voraussetzung für eine wirksame Massenentlassungsanzeige. Das Schreiben des Betriebsrats vom 26.02.2009 an die Agentur für Arbeit enthielt keine eindeutige, abschließende Meinungsäußerung zu den angezeigten Kündigungen und war deshalb keine ordnungsgemäße Stellungnahme iSv. § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG. Der Bescheid der Agentur für Arbeit über die Verkürzung der Sperrfrist hat den Formfehler nicht geheilt. Die Wirksamkeit der Massenentlassungsanzeige ist von der Bindungswirkung eines solchen Bescheids nicht umfasst.

Quelle: Bundesarbeitsgericht Pressemitteilung Nr. 50/12

Rechtsanwalt Harald Beiler

Beiler Karl Platzbecker – Hamburg