Massenentlassungen – Schriftformerfordernis bei der Unterrichtung des Betriebsrats

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Sofern Massenentlassungen bevorstehen, hat der Arbeitgeber den Betriebsrat gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG schriftlich über die Gründe für die geplanten Entlassungen zu unterrichten. Nunmehr hat das Bundesarbeitsgericht (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.09.2012 – 6 AZR 155/11) entschieden, was in diesem Zusammenhang mit „schriftlich“ gemeint ist und welchen Folgen ein Verstoß haben kann oder eben nicht. Für den Fall, dass der Arbeitgeber die gesetzlich geforderten Angaben vollständig in Textform dokumentiert und dieses dem Betriebsrat zuleitet, reicht dieses in formaler Hinsicht aus – selbst wenn für die Schriftform eine Unterschrift fehlt. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Betriebsrat eine Stellungnahme zu den geplanten Entlassungen abgegeben hat. Eventuelle Formverstöße werden mit der Stellungnahme des Betriebsrats geheilt und können späternicht mehr auf  betriebsbedingte Kündigungen von Arbeitsverhältnissen durchschlagen.

Im konkreten Fall war über das Vermögen der Arbeitgeberin ein Insolvenzverfahren eröffnet worden. Der Insolvenzverwalter und Beklagte im Verfahren schloss mit dem Gesamtbetriebsrat am 15.10.2009 einen von beiden Seiten unterzeichneten Interessenausgleich mit Namensliste für drei Betriebe des Unternehmens ab. Der Interessensausgleich enthielt die nach § 17 Abs. 2 KSchG erforderlichen Angaben. Der Gesamtbetriebsrat erklärte in dem Interessenausgleich abschließend, er sei umfassend gemäß § 17 Abs. 2 KSchG unterrichtet worden. Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, dass der Interessenausgleich seitens des Beklagten vor der Unterzeichnung durch den Gesamtbetriebsratsvorsitzenden unterschrieben worden war. Der Beklagte fügte seiner anschließenden Massenentlassungsanzeige den Interessenausgleich bei. Nach Eingang der Anzeige bei der Agentur für Arbeit kündigte er sodann das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin. Die Klägerin war der Auffassung, die Kündigung sei unwirksam, da der Gesamtbetriebsrat nicht schriftformgerecht iSd. § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG unterrichtet worden sei.

Das Bundesarbeitsgericht hat die klagabweisenden Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigt. Ein eventueller Schriftformmangel bei der Unterrichtung – für das Schriftformerfordernis fehlte die Unterschrift – ist durch die abschließende Stellungnahme des Gesamtbetriebsrats im Interessenausgleich geheilt. Dafür spricht der Zweck des Unterrichtungserfordernisses. Die Arbeitnehmervertretung soll konstruktive Vorschläge unterbreiten können, um die geplante Massenentlassung zu verhindern oder einzuschränken. Dem Zweck ist genüge getan, wenn die Arbeitnehmervertretung aufgrund schriftlich fixierter ausreichender Angaben des Arbeitgebers zu den geplanten Entlassungen eine abschließende Stellungnahme abgibt.

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 15. Dezember 2010 – 6 Sa 1344/10

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Quelle: Bundesarbeitsgericht, Pressemitteilung Nr. 66/12